Das heutige Fest »Christi Himmelfahrt« wird bekanntlich 40 Tage nach Ostern gefeiert.
In der biblischen Zahlensymbolik ist die 40 gleichzusetzen mit einer »großen Anzahl« und steht meist für eine Vorbereitungszeit oder Zeit innerer Einkehr (Mose, Elia und Jesus zogen sich 40 Tage in die Einsamkeit zurück).
Jeder Christ kennt aus dem Glaubensbekenntnis (hier das Apostolikum) die Zeilen:
»...gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel...«
...und müsste eigentlich verwirrt sein.
Wo war Jesus zwischen der Auferstehung nach drei Tagen und seiner Himmelfahrt?
In der Apostelgeschichte des Lukas (Apg 1,3.9f LUT) hätten die Jünger in den folgenden Tagen und Wochen zwischen dem Verschwinden seines Leibes und Himmelfahrt unter verschiedenen Umständen Erscheinungen ihres Meisters erlebt (u.a in Emmaus, Galiläa und Jerusalem). Dies habe sie in Verbindung mit dem leeren Grab veranlasst, fortan seine Auferstehung zu verkünden. In dieser Version befand sich Jesus also unter den Menschen.
In traditioneller Theologie jedoch stieg Jesus nach seinem Kreuzestod zunächst in ein »in der Tiefe« lokalisiertes Jenseits hinab (»Höllenfahrt Jesu«), aus dem er am dritten Tage wieder zu den Lebenden auferstand.
Denn seit der Kirchenlehrer Augustinus von Hippo die Lehre von der Erbsünde formulierte, sah die Theologie die christliche Taufe als unverzichtbar für das Seelenheil und damit die Erlösung an. Damit würden sich jedoch alle Personen aus dem alten Testament in der Hölle befinden!
So gab es einen Ort für die schuldlos ungetauften Seelen, u.a. der verstorbenen »Gerechten« (z. B. die Propheten des alten Bundes, Moses oder Abraham), Limbus (lat. »Rand, Saum, Umgrenzung«) genannt, eine Art Vorhölle, aus der Christus diese Seelen nun bis zurück zu Adam befreite.
Die »Himmelfahrt Jesu« bezeichnet dem gegenüber das später folgende Ereignis, dass Jesus leiblich ins Jenseits gelangte, ohne (nochmals) zu sterben und ohne einen Leichnam zurückzulassen. So stieg er dann in ein »in der Höhe« gelegenes Jenseits auf.
Warum ich dies hier erwähne?
Nun, interessant ist, dass möglicherweise im Urchristentum Auferstehung und Himmelfahrt noch eine Einheit waren. Lukas widerspricht sich im Evangelium mit einer Nennung der Himmelfahrt zu Ostern (Lk 24,51 LUT). Die »Wartezeit« entstand vermutlich erst im 4. Jh..
Im Jahr 391 beginnt unter Theodosius I. ein Verbot der heidnischen Religionen. Die Anhänger der antiken Mysterienkulte mussten zukünftig um ihr Leben fürchten oder konvertieren. Ihre Initiation verlief, soweit man sie rekonstruieren kann, nach Ablauf der Heldenreise mit einem Abstieg in die Unterwelt bevor man zum Licht aufstieg. Das durchlebte der noch junge Gott der Christen zwar mit seiner Passion auch schon, jedoch gab es mit seiner leiblichen Höllenfahrt die Möglichkeit, die als Heiden verstorbenen geliebten Ahnen und verehrten Heroen aus der ewigen Verdammnis zu befreien. Dieser Mythos ist archetypisch (Orpheus, Demeter etc.) und den zu Bekehrenden vertraut.
Zu genau dieser Zeit entfalten sich nun in der Kunstgeschichte unterschiedliche Spielarten der mythologischen Darstellung:
- Christus wird von Engeln emporgetragen.
- Christus schreitet gen Himmel und wird von der Hand Gottes in Empfang genommen.
- Christus entschwindet (etwa ab dem Jahr 1000), wobei oft nur die Beine bzw. Füße samt dem Fußabdruck sichtbar zurück bleiben , ab dem 14. Jh. nur noch die Fußabdrücke.
Erst im Barock der katholischen Ikonographie tritt der Typos »Christi Himmelfahrt« zugunsten des Motivs der Himmelfahrt Mariens und der Glorifizierung anderer beliebter Heiliger etwas zurück.